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Außenhandel und komparative Kosten

Veröffentlicht am 10.07.2016

In den Debatten um TTIP und den Vor- und Nachteilen des Freihandels wird häufig von selbsternannten Experten der Begriff „komparative Kosten“ benutzt. Was es damit auf sich hat, wollen wir hier kurz erläutern. Betrachten Sie die folgende Tabelle, die die Fähigkeiten zur Hausarbeit bei einem (noch) glücklichen Ehepaars beschreibt ... 

In den Debatten um TTIP und den Vor- und Nachteilen des Freihandels wird häufig von selbsternannten Experten der Begriff „komparative Kosten“ benutzt. Was es damit auf sich hat, wollen wir hier kurz erläutern. Betrachten Sie die folgende Tabelle, die die Fähigkeiten zur Hausarbeit bei einem (noch) glücklichen Ehepaars beschreibt:

Arbeitszeit für …

Frau benötigt …

Mann benötigt …

… ein Abendessen

1 Stunde

2 Stunden

… eine Maschine Wäsche

30 Minuten

45 Minuten

 

Offenbar ist die Frau für beide Tätigkeiten besser talentiert, wobei wir sicherheitshalber anmerken wollen, dass das Beispiel willkürlich gewählt ist und die Geschlechterrollen ebenso hätten umgekehrt besetzt sein können. Wie sind nun die Tätigkeiten zwischen den beiden aufzuteilen, wenn pro Monat 24 Abendessen zuzubereiten und 12 Maschinen Wäsche zu betreuen sind?

Da die Frau beides besser kann, sollte sie – so die naive Vermutung – auch beides machen. Sie wäre also im Monat 24 Stunden mit der Zubereitung des Abendessens und 6 Stunden mit Wäschewaschen beschäftigt. Der Mann könnte, auf seine augenfällige Unfähigkeit hinweisend, die Zeit mit Sportsendungen verbringen, benötigte er für die gleiche Arbeitsleistung doch insgesamt 57 Stunden (48 Stunden Kochen, 9 Stunden Wäschewaschen) statt 30 Stunden wie seine Frau.

Bei dieser Lösung hängt natürlich der Haussegen schief; beide sollten für die leidige Hausarbeit die gleiche Zahl an Stunden aufwenden. Wie sollten die beiden Tätigkeiten zwischen Mann und Frau aufgeteilt werden, damit eine für beide gleiche Arbeitszeit möglichst gering ist? Zur Lösung dieses Problems ist die Beobachtung wichtig, dass der Mann zwar in beiden Bereichen schlechter als seine Frau agiert, beim Kochen aber im Vergleich (also komparativ) noch schlechter als beim Waschen, denn bei jenem braucht er doppelt so viel Zeit, beim Waschen nur die Hälfte mehr. Spezialisiert der Mann sich also auf das Waschen, hat er die 12 Maschinen in 9 Stunden erledigt. Würde sich nun auch seine Frau sich auf das Kochen spezialisieren, wäre sie 24 Stunden beschäftigt. Diese Aufgabenverteilung erbringt also noch nicht die erwünschte gleiche Arbeitszeit. Die Frau sollte an 5 Abenden die Küche räumen. Sie bereitet also 19 Abendessen zu und braucht dafür 19 Stunden, ebenso wie ihr Mann, wobei der davon 10 Stunden für die fehlenden 5 Abendessen und 9 Stunden für die 12 Maschinen Wäsche aufwendet.

Arbeitsteilung ist also sinnvoll, auch wenn einer alles besser kann. Diese Entdeckung geht auf David Ricardo (1772-1823) zurück, einem durch Aktienspekulation reich und unabhängig gewordenen britischen Freizeitforscher, der zum neben Karl Marx bedeutendsten Ökonomen des 19. Jahrhunderts wurde. Er wendete seine Erkenntnisse insbesondere auf den Außenhandel an: Handel kann auch zwischen Ländern stattfinden, wenn ein Land sämtliche Güter mit geringerem absolutem Arbeitsaufwand produzieren kann als das andere Land. Spezialisieren sich nämlich die Länder auf die Produktion der Güter, bei denen sie den geringsten relativen Arbeitsaufwand (sprich: die günstigsten komparativen Kosten haben), kann die Gesamtproduktion aller Güter erhöht und durch freien Handel zum Wohle aller Beteiligten getauscht werden.

Dass die Sache mit dem Freihandel in der Realität nicht ganz so klar ist wie bei der Aufteilung der Hausarbeit bei unserem glücklichen Ehepaar, dazu ein anderes Mal mehr. 

 

 

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